Die Aufstellungsarbeit und die Psychologie Bert Hellingers ist im Wesentlichen die Suche nach den Schicksalen der primären Liebe des Kindes und ihre Wandlung von einer blinden in eine einsichtige, sehende Liebe.
Wie immer die Familie, in die ein Kind hineingeboren wird, beschaffen sein mag: Es fühlt sich eng mit ihr verbunden. Das Kind erlebt diese Bindung als Liebe und als Glück, unabhängig davon, wie es sich in der Familie entfalten kann oder auch verkümmert.
„Die Bindungsliebe ist eine tiefe, unbewusst wirkende Kraft, die alle, die zu einem Beziehungssystem gehören, im Dienste aneinander bindet. (…) Diese Bindungsliebe wirkt immer, wie eine biologische Kraft. Sie wirkt, ob wir sie wahrnehmen oder nicht, ob sie uns angenehm ist oder uns stört, ob wir uns ihr beugen oder gegen sie kämpfen. Sie gehört zu unserer Grundkonstitution als begrenzte und getrennte Lebewesen. Sie ist so etwas wie die Grundenergie der Seele, mit der die Seele das, was in der Individuation auseinander strebt, zusammen hält und ordnet, (…).
Zusammen mit dieser Bindungsliebe wirkt die gleich ursprüngliche Kraft der Lösung oder Loslösung. Sie dient der Individuation und dazu, dass Gebundenes sich differenzieren und eigene Wege gehen kann. So machen die Toten Platz für neues Leben, Altes darf vergehen und vorbei sein, Neues hat seine Chance, und was zusammen gehört, darf auseinander streben und sich mit anderem verbinden.
Die meisten ernsthaften Probleme entstehen dort, wo wir in unserer Bindungsliebe gefangen bleiben. Und die meisten Lösungen sind Loslösungen von mit uns verbundenen Personen und ihrem Schicksal und dem, was sie selbst verantworten müssen.
Bindung und Lösung wirken zusammen. Lösungen ergeben sich, wenn wir der Verbindung mit den Angehörigen auf die Weise zustimmen, dass wir uns von ihrem Schicksal loslösen. Der Weg, wie das geschehen kann, ist vorgezeichnet durch die Liebe. Liebe verbindet auf eine Weise, dass jeder er selbst bleibt und jeder den anderen nimmt, wie er ist und so wie er sich entwickelt. Die sehende Liebe löst. Sie gibt die Liebenden von Angesicht zu Angesicht in den Grenzen der Verbindlichkeit frei.“
Ein großer Teil des Textes ist zitiert oder zusammengefasst aus:
Jakob Robert Schneider / Brigitte Gross
“Ach wie gut, dass ich es weiß” Märchen und andere Geschichten in der systemisch-phänomenologischen Therapie